Politik
Trams ohne Atomstrom für 36 Franken?
Sind Sie auch schon in eine telefonische Marktumfrage geraten? Da will zum Beispiel jemand wissen, wie oft Sie Birchermüesli essen. Am schnellsten werden Sie die freundliche Stimme los, wenn Sie sagen, Sie seien über 80. Die hängen so schnell ab, dass Sie nicht einmal mehr Adieu sagen können. Sind Sie alt, sind sie für die Marktforscher out.
27. September 2016 — Eingesandter Artikel
Ebenfalls nur auf die Jungen setzt die SBB. Jeder vernünftige (junge) Mensch hat für jede Lebenslage das richtige App. Sie wissen schon, die kleinen Helfer auf dem Smartphone. Auch die «SBB fokussiert sich auf eigene Vertriebskanäle» und ihre eigene App, deshalb braucht es auch keinen Billettverkauf durch Dritte mehr. Alle Verträge mit den Stationshaltern werden per 1. Januar 2018 aufgelöst. Das heisst wohl, weite Wege und lange Schlangen für Kunden ohne App. Die Generation, die die SBB mit Steuermilliarden aufgebaut hat, kommt jetzt nicht einmal mehr ohne Probleme an ein Billett. Aber auch die Jungen werden vom Service public ver…schaukelt. Neueste Verkaufsidee der VBZ: Mit dem Angebot «solar.mobil» fahren Sie für 36 Franken ein Jahr lang im Netz der VBZ Züri-Linie mit Solarstrom. Kaufen Sie neben dem Ticket diesen Upgrade, garantiert das EWZ, dass der Strom für die «solar.mobil»-Fahrgäste zu 100 Prozent aus Solaranlagen stammt. Wie bitte? Die Trams fahren ohne Atomstrom? Vielleicht ein Solar-Tram nur für mich? Wenn schon hätte ich lieber ein Upgrade auf einen Sitzplatz im Züri-Tram, wie das die Pendler für ihre S-Bahnen schon lange fordern. Noch wird das Defizit des Service public von uns finanziert. Wir erwarten einen möglichst guten Service zu einem möglichst günstigen Preis. Dafür bezahlen wir. Wenn die SBB nicht mehr beraten und verkaufen will, und dazu noch allen kündigt, die das tun, wird das Eis langsam dünn. Gleiches gilt für die VBZ, die sich nicht um alternative Energien, sondern um den reibungslosen Trambetrieb in Zürich kümmern sollte. Jedes KMU muss sich an den Kunden orientieren. Staatliche Betriebe langfristig auch.
Nicole Barandun, Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich
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