Quartierverein Wipkingen
Wipkingen feierte seinen neuen Dorfplatz
Am Samstag, 27. Juni, feierte Wipkingen etwas, wovon Höngg höchstens zu träumen wagt: den neuen Dorfplatz. Nach vielen Jahren Planung und etlichen Hindernissen wurde der Röschibachplatz feierlich eröffnet.
30. Juni 2015 — Fredy Haffner
Wipkingen hat lange um und für die Neugestaltung des nach dem im Quartier verlaufenden, eingedolten Röschibach benannten Platz gerungen. Heftige Debatten über die finale Verkehrsführung und auch Einsprachen dagegen gingen voraus, bis die Sackgasse und die Tempo-20-Zone realisiert werden konnten. Nicht alle sind mit dem Zustand heute zufrieden, doch die Mehrheit ist es dafür im Übermass. Die Winterpause mitgerechnet, wurde fast ein Jahr an der neuen «Piazzetta», wie der «Röschi» bereits liebevoll in Erwartung der zu versprühenden Italianità genannt wird, gebaut. Dann war es letzten Samstag so weit: «Einige tausend Wipkinger», zählt der Quartierverein, «feierten ausgelassen die Eröffnung.» Sie taten dies bei Marktbetrieb, Musik, Kinderprogrammen, Karussell und Feuerzauber. Das Restaurant Nordbrücke hatte – was es auf dem neuen Platz nun immer kann – weiter nach draussen gestuhlt und auch die Festbänke blieben kaum je leer. Die Strassenkünstler, unter ihnen auch ein ausgebrochener Gorilla, mussten sich ihren Raum fast schon erkämpfen.
Freude herrscht – und etwas Realsatire
Zum offiziellen Akt kamen die Stadträte André Odermatt und Richard Wolff, beide Wipkinger, sowie Filippo Leutenegger direkt aus der Stadtratsklausur anmarschiert. Leutenegger oblag es, die Grüsse des Gesamtstadtrates zu überbringen. Dies tat er sichtlich gerne, die Freude über das Ergebnis eines langen Prozesses, an dem «sein» Tiefbauamt massgeblich beteiligt war, war ihm anzusehen. Und so scherzte er dann auch mit dem Publikum. Besonders über die Eröffnung des vom Quartierverein Wipkingen (QVW) in Gebrauchsleihe von den SBB übernommenen und liebevoll zusammen mit Sponsoren restaurierten Bahnhof-WC’s. Das hätte er auch noch einzuweihen. Dies sei fast eine Realsatire, die er wohl noch Victor Giaccobo stecken müsse, kokettierte er: «Es haben mir alle geraten, mit voller Blase zu kommen – und nun bin ich bereit.» Doch Leutenegger musste sich noch kurz gedulden, denn zuvor überreichte ihm QVW-Präsident Beni Weder ein Set Miniatur-Petanque-Kugeln, damit er im Büro üben könne, bevor er sich mit den echten Kugeln auf den abschüssigen Röschibachplatz wage.
Dann aber machten sich alle auf den kurzen Weg über den Platz, die Treppe hinunter zum neuen Bahnhof-WC. Dies ist kaum wiederzuerkennen: War es vorher ein trauriger, eher trister und abschreckender Anblick, strahlt es nun in neuem Glanz. «Das ist das einzige öffentliche WC, das kein Züri-WC ist und trotzdem so schön aussieht, mein Kompliment», zeigte sich Stadtrat Leutenegger erfreut. Natürlich waren alle gespannt, ob er das WC auch im wahrsten Sinn des Wortes, also in der Tat, einweihen würde. Doch es blieb dann bei der Türöffnung – der Rest blieb standesgemäss diskrete Privatsache.
Viele halfen kräftig mit
Auf dem Rückweg zum nahen Festplatz äusserte sich auch sein Stadtratskollege Richard Wolff sehr erfreut über den neuen Platz. Er habe hier bislang an jedem schönen Abend Menschen angetroffen und sei in spontane, spannende Gespräche geraten. Und er würdigte alle Beteiligten: Den aktuellen Vorstand des Quartiervereins und auch dessen Vorgänger, ebenso alle anderen aus dem Quartier, die sich seit Jahren für den Platz einsetzten und nicht zuletzt all jene aus der städtischen Verwaltung, die zu der heutigen Lösung beigetragen haben: «Das war eine immense Arbeit, doch das Ergebnis überzeugt». Beni Weder schloss sich diesem Dank an und überreichte auch Rolf Kaspar, Projektleiter Entwicklung und Gestaltung beim Tiefbauamt, und dessen Kollegin Christine Kerlen, Landschaftsarchitektin und für die Platzgestaltung verantwortlich ein Set Miniaturkugeln. Auch Roman Dellsperger, der das Mitwirkungsverfahren moderiert hatte, ging nicht leer aus.
Rückblick des QVW-Präsidenten
Nach dem offiziellen Teil blickte ein Beni Weder, stolz auf dem neuen «Röschi» stehend, auf dessen Entstehungsgeschichte zurück: «2009 bauten wir für einen Monat eine Petanque-Bahn auf und ein Jahr später 2010 nochmals für drei Monate, mit der Idee, dass die Stadt ein Mitwirkungsverfahren initiiert. Das tat sie dann auch im 2011, und an zwei grossen Veranstaltungen nahmen über 100 Leute teil.» Danach wurden an drei Spurgruppenabenden mit einer Auswahl an Engagierten die Ideen konkretisiert. Das ging ganz pragmatisch, auf einem Plan mit ausgeschnittenen Papiermodellen der neuen Platz-Elemente. So sei schnell sichtbar geworden, erinnern sich die Verantwortlichen, was sich wo an Wünschen auf dem grossen Kiesplatz, der für alle ein zentrales Element war, realisieren lassen würde. So wurde alles bedacht, von den neuen Bäumen, zur Brunnenversetzung bis hin zu den Möglichkeiten der künftigen und nun realisierten Nutzung mit Marktbetrieb und Quartieranlässen. «Allerdings», fügt Weder an, «gab es noch einen Stopp wegen Rekursen gegen das Verkehrskonzept. 2012 mussten wir intervenieren, dann aber kam der positive Entscheid.»
Wipkingen ging vor
Das Eröffnungsfest ist jedenfalls geglückt – bis spät in die Nacht feierte und tanzte ganz Wipkingen. Beni Weder hat den originalen, aber mit Wappen, Jahreszahl und QVW-Logo verzierten «Bsetzistei» des alten Röschibachplatzes, den ihm seine Vorstandskollegin Karin Frey überreicht hatte, bestimmt zufrieden nach Hause getragen. «Es lebe die Piazzetta Röschi!», hatte Frey bei der Übergabe unter Applaus der Festgemeinde gerufen. Und so soll es auch sein.
In Höngg dagegen muss man es derweil wohl oder übel noch etwas beim Traum eines Dorfplatzes belassen – wenn der Röschibachplatz verkehrstechnisch schon eine Knacknuss war, dann wäre der Meierhofplatz eine wahre, asphaltgefüllte Knackkokosnuss. Aber vielleicht bewegt sich ja irgendwann andernorts etwas.
Video zum Anlass unter www.wipkingen.net
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