«Wir sind viele, und doch sind wir meist unsichtbar»

Anfang Juni hat das feministische Kollektiv «F96» Workshops im Park-Würfel organisiert, um hauptsächlich Wissen unter FLINTA – Frauen, Lesben, inter-, non-binären, trans und agender-Personen – auszutauschen.

Foto: zvg
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Ein Text von «F96» 

«F96» ist ein lokales feministisches Kollektiv bestehend aus FLINTA-Personen, welches mit interdisziplinären Events mehr Diversität im Kulturbereich anstrebt. In einer noch immer stark männerdominierten Kulturbranche fordern wir Räume und Plattformen für FLINTA-Personen zur Vernetzung und Chancen-Wahrnehmung und versuchen diese durch Clubnächte, Radio-Sendungen, Lesungen, Ausstellungen und unserem Netzwerk eigenständig zu erschaffen.

Skillsharing-Workshops

In Vorbereitung auf den feministischen Streik am 14. Juni sollte im Parki-Würfel ein Raum zur Vernetzung und gegenseitiger Ermächtigung entstehen. Während 13 Tagen fanden ab Anfang Juni täglich Workshops von FLINTA-Personen aus dem Kollektiv-Netzwerk für FLINTA-Personen statt. Ziel war es, ein möglichst breit gefächertes Angebot an Skills von Keramik bis hin zu Fundraising zusammenzustellen. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals bei allen Workshop-Leiter*innen bedanken, welche zu uns in den Würfel kamen, um auf Solibasis Wissen und Skills an andere weiterzugeben.

Wir durften wunderbare Nachmittage und Abende im Parki-Würfel verbringen, viel lernen und uns zusammen auf den Streik einstimmen. Trotzdem warf das Skillsharing bei uns grundlegende Fragen gegenüber unserem Kollektiv auf: Was bedeutet es für uns, feministische Arbeit für die Kulturbranche zu betreiben? Sind Keramik-Workshops oder Clubnächte aktivistisch genug, um unserem Manifest gerecht zu werden? Können wir effektiv sichere Räume für FLINTA-Personen schaffen und sind wir dieser Aufgabe gewachsen? 

Besonders mit letzterer Frage sahen wir uns im Würfel direkt konfrontiert. Zwischen Outdoor-Gym und Imker-Dach wurde unser Wunsch eines «Safer Space» für Workshop-Leiter*innen und Teilnehmer*innen ins Schwanken gebracht. Ein intimer, inklusiver Ort war mit Musik, sonstigen lauten Geräuschen und Begegnungen mit neugierigen oder suchenden Menschen schwer möglich. Dies hätten wir vorhersehen müssen. Wir begaben uns in eine Reflexion über unsere Herangehensweise und unseren Anstrebungen zu Inklusion, Diversität und Feminismus. Das Skillsharing sollte durch das Teilen von alltäglichen Skills FLINTA-Personen in ihrer Selbstermächtigung unterstützen. Nun ist fraglich, inwiefern Workshops wie Fahrrad-reparieren oder Zines-basteln geschlechter basierte Probleme ansprechen oder gesellschaftliche Rollen und Klischées sogar reproduzieren.

In den Umlauf bringen

Die Workshops hatten nicht zum Ziel, dass FLINTA-Personen durch das Erlangen von neuen Skills endlich auch in der Männerwelt mitreden können oder sich in einem Bastelkreis isolieren. Wir sahen das Skillsharing vielmehr als Gelegenheit, all diese Skills, die wir besitzen und die im Alltag jedoch verminderte Anerkennung erlangen, in Umlauf zu bringen. Um sich gegenseitig zu unterstützen, statt die Skills für gesellschaftlich gedrängte kapitalistische Konkurrenz gegeneinander zu verwenden. Wir sind viele, und doch sind wir meist unsichtbar. Was geschieht, wenn wir unsere Kräfte im Kampf um Mitbestimmung und Anerkennung stattdessen füreinander aufbringen?

Wir verstehen unseren Aktivismus darin, durch Veranstaltungen und Vernetzungen inmitten der Kulturszene einen Beitrag zur Aufrüttelung gefestigter Strukturen zu leisten. Aber uns ist auch bewusst, dass wir nur durch Parties mit dem FLINTA-Lineup unsere Ziele noch lange nicht erfüllen. Wir fordern eine Diversität, welche wir mit unseren Aktivmitgliedern nicht repräsentieren. Wir fordern Awareness und Safer Spaces in der Kultur, können diese aufgrund fehlendem internem Know-how aber selbst nicht immer umsetzen. Wir tragen mit unseren Veranstaltungen und Versprechungen eine Verantwortung, die wir stärker wahrnehmen müssen, indem wir die nötige Vorarbeit dazu leisten.

Unsere Arbeit im Kollektiv ist keine Lösung, sondern ein konstanter Prozess, durch Veranstaltungen und Kollaborationen einen immer grösseren Einfluss auf die gängige Kulturszene zu nehmen. Wir wollen sie hinterfragen, aber vor allem wollen wir, dass sie sich selbst hinterfragt und durch stetige Bemühungen und Visionen bleibende Veränderungen vorantreiben. Hierfür müssen wir unseren internen Prozess wieder priorisieren, um uns selbst zu analysieren, interne Wissenslücken aufzudecken und aktiv und transparent daran zu arbeiten. So können wir als Kollektiv unsere klare Haltung festigen und mit unseren Projekten wie dem Skillsharing im Parki, in Zukunft Forderungen von Diversität und intersektionellem Feminismus radikaler verfolgen.

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