Wissenschaftliches Vorgehen zur Überprüfung der Effektivität der Lockdown-Massnahmen

Bei der Debatte zwischen den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus und der Bekämpfung dieser Massnahmen plädiere ich für stärkeres wissenschaftliches Vorgehen. Durch Feldstudien sollten die  Ansteckungswahrscheinlichkeiten für einzelne Branchen genauer eruiert werden.

Im Frühling war der Italien-Schock und das Unwissen über das Coronavirus so gross, dass in der Schweiz ein starker Lockdown erfolgte, um sicherzustellen, dass auch die Massnahmen mit dabei seien, die die Ansteckungszahlen tatsächlich reduzierten. Dies hat auch funktioniert. Haut man mit einem Quadratmeter-Hammer auf ein Brett voller Nägel, kann man ja auch ziemlich sicher sein, dass auch derjenige Nagel eingeschlagen wird, der tatsächlich eingeschlagen werden sollte. Doch die schädlichen Nebeneffekte im vergangenen und im aktuellen Lockdown waren und sind massiv. Deshalb sollte viel genauer eruiert werden, welche Massnahmen unbedingt notwendig sind, und welche nur unwesentlich zur Reduktion der Fallzahlen beitragen, auf diese sollte in Zukunft verzichtet werden. Aufgrund verbesserten Wissens über das Virus wurden im Teil-Lockdown im Herbst Grossveranstaltungen abgesagt und Maskenpflicht verordnet. Dies trug wesentlich zur Reduktion der Neuansteckungen bei. Doch war es wirklich notwendig, Restaurants, Läden, kulturelle Veranstaltungen und Sportstudios trotz deren sehr guten und aufwändigen Schutzkonzepten allesamt zu schliessen? Gingen die Fallzahlen danach noch so stark runter, dass wir davon ausgehen können, dass diese Schliessungen notwendig und effektiv waren?

Feldstudien könnten zur Klarheit über Ansteckungen bei Öffnungen beitragen

Feldstudien mit Querschnitt-Vergleichen könnten Hinweise auf die Ansteckungswahrscheinlichkeiten in den erwähnten Branchen geben. Dabei müssten zwei Regionen mit ähnlich hohen Fallzahlen und aktuell gleichen Lockdown-Massnahmen, die sich auch in anderen Aspekten, zum Beispiel Bevölkerung Stadt/Land, möglichst gleich sind, nur in einem Aspekt unterscheiden. Zum Beispiel könnte die eine Region ihre Restaurants wieder öffnen, die andere aber nicht. Zudem sollte genügend Distanz zwischen den Regionen gewährleistet werden, so dass Personen aus der Region mit den geschlossenen Restaurants nicht in die andere Region ins Restaurant gehen. Nach zirka 14 Tagen wird die Entwicklung der Ansteckungen verglichen. Ist sie in beiden Regionen ähnlich, obschon in der einen Region die Restaurants geöffnet sind, in der anderen aber nicht, kann davon ausgegangen werden, dass Restaurants kaum zu Ansteckungen beitragen. Mit einem solchen Vorgehen, auch bezüglich der Öffnung weiterer Branchen, könnte genauerer Einblick gewonnen werden, wo Ansteckungen passieren und wo es unverhältnismässig ist, die Betriebe zu schliessen. Durch wissenschaftliche Erkenntnisse, die mittels solcher Feldstudien gewonnen werden, könnte auch in allfällig zukünftigen Pandemien viel wirtschaftliches und psychisches Leid verhindert und die Ansteckungen trotzdem stark reduziert werden.

Dr. Claudia Poggiolini, Wipkingen

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