Wo? Wo? Priisgünschtigi Wohnige?

Bezahlbare Wohnungen werden in der Stadt Zürich immer rarer. Es wird zwar viel, aber teuer gebaut. Die Alternative Liste (AL) will mit ihrer neu lancierten Umsetzungs-Initiative Gegensteuer geben. Ein Beitrag von Judth Stofer.

Zürichberg verdichten – Impression von der Wohndemo am 25. Mai 2024. (Foto: Silvia Rigoni)

So aggressiv angeblafft wie von dem gut gekleideten jungen Mann mit kunstvollem Rossschwanz wurde ich während des Unterschriftensammelns schon lange nicht mehr. «Wo werden denn jene Menschen wohnen, die nicht in einer preisgünstigen Wohnung leben können», schnauzte er mich an und machte rechtsumkehrt, sodass ich keine Chance auf eine Erwiderung hatte.

Gespräche und Unterschriften

An diesem Abstimmungssonntag vor dem Abstimmungslokal in Wipkingen war er neben einem weiteren jungen Mann, der meinte, dass zu viele Vorschriften das Bauen von preisgünstigem Wohnraum verhindere, einer der wenigen, die sich nicht auf eine Diskussion einlassen wollten. Ansonsten war der Morgen sehr erfreulich: viele Unterschriften und viele gute Diskussionen. Aber auch viele bewegende Geschichten.

Beispielsweise jene der jungen Frau, die, wie auch das ganze Haus, vor Kurzem die Kündigung erhalten hat. Es lohne sich nicht, das Haus energetisch zu sanieren, er werde das Haus darum abreissen und neu bauen lassen, habe ihr der Vermieter gesagt. Sie wehrt sich nun mit den anderen Mieter*innen gegen den Abriss. Die Angst, aus dem Quartier, das man viele Jahre mitgeprägt hat und das zur Heimat wurde, wegziehen zu müssen, weil man keine bezahlbare Wohnung mehr findet, schwang in vielen Gesprächen mit.

Mehr preisgünstiger Wohnraum

Allein an diesem Abstimmungswochenende sammelten AL-Aktivistinnen insgesamt 1300 Unterschriften für die städtische Volksinitiative «Hier leben, hier wohnen, hier bleiben (Umsetzungs-Initiative)». Dies zeigt: Es gibt ein Problem, das den Menschen unter den Nägeln brennt und das von der Politik dringend angepackt werden muss.

In der Stadt wird zwar viel gebaut. Aber das Angebot an teuren Wohnungen wird immer grösser – auf Kosten von preisgünstigem Wohnraum. Es sind längst nicht mehr nur Familien, ältere Menschen und Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, die sich das teure, städtische Pflaster nicht mehr leisten können. 

Mit ihrer Umsetzungs-Initiative will die AL darum Gegensteuer geben. Sie verlangt, dass bei Aufzonungen in der Regel die gesamte Mehrausnützung mit preisgünstigem Wohnraum belegt werden muss. Bei Ein- und Umzonungen von Arealen, auf denen neu Wohnnutzung zugelassen wird, ist mindestens die Hälfte der für Wohnnutzung reservierten Geschoss-fläche mit preisgünstigem Wohnraum zu belegen. Für gemeinnützige Wohnbauträger kann der Gemeinderat andere Regelungen treffen.

Mehrwert für Grundeigentümer

Seit 2019 gilt dank dem neu in Kraft gesetzten §49b des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG): Wenn Gemeinden Bauland ein-, um- oder aufzonen, können sie Grundeigentümerinnen verpflichten, auch preisgünstige Wohnungen zu bauen. Denn mit den Um- und Aufzonungen erhalten die Grundeigentümer einen Mehrwert, ohne dass sie dazu beigetragen haben. W

ie immer in der Politik, können Lösungen nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, sondern brauchen Zeit. So sind zwar nach dem (hoffentlich baldigen) Zustandekommen der AL-Umsetzungs-Initiative die richtigen Weichen gestellt, für deren Umsetzung ist aber etwas Geduld gefragt. Mit der Revision der Bau- und Zonenänderung auf städtischer Ebene könnte die Umsetzungs-Initiative der AL umgesetzt werden.

Ein Artikel von Judith Stofer, Kantonsrätin AL

0 Kommentare


Themen entdecken